HIV-Infektion Labordiagnostik

1) Diagnosestellung (serologische Teste)
HIV-Suchtest:
erfasst Antikörper gegen HIV 1/2  und HIV 1-p24-Antigen
Bestätigungsteste (bei positivem Suchtest): HIV 1-Westernblot, HIV 2-Westernblot, p24-Antigen-Nachweis

Untersuchungsgang und Interpretation der Ergebnisse
Bei negativem Suchtest ist die Untersuchung abgeschlossen, bei reaktivem Suchtest erfolgt als Bestätigungstest zunächst der HIV 1-Blot. Fällt dieser negativ aus, folgen HIV 2-Blot und HIV 1-p24-Ag-Nachweis. Ein positiver Befund sollte durch die Einsendung einer 2. Probe bestätigt werden. Es besteht nichtnamentliche Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz.
Unspezifisch (d. h. nicht im Blot oder p24-Ag-Nachweis bestätigte) grenzwertige und reaktive Ergebnisse des Suchtestes sollten durch eine Zweiteinsendung im Zeitraum von 2 Wochen überprüft werden, um eine Akutinfektion sicher auszuschließen.

Tab. 1: Interpretation der wichtigsten serologischen Befundkonstellationen

Suchtest HIV 1 u./o. HIV 2-Blot HIC 1-p24-Ag Interpretation
negativ     HIV-negativ
grenzwertig/reaktiv negativ negativ HIV-negativ,
unspezifische Reaktion im Suchtest
grenzwertig/reaktiv grenzwertig negativ mit hoher Wahrscheinlichkeit HIV-negativ
unspezifische Reaktionen im Suchtest und Blot
reaktiv positiv   Infektion mit HIV 1 oder  (sehr selten) HIV 2
reaktiv negativ positiv Akutinfektion mit HIV 1 wahrscheinlich

 

Besondere Beachtung verdient die Befundkonstellation einer Akutinfektion. Zu diesem Zeitpunkt ist die Viruslast am höchsten, die Wahrscheinlichkeit der Übertragung auf weitere Personen am größten. Der Patient muss deshalb ohne Verzögerung auf diesen Umstand hingewiesen werden. Eine früh eingeleitete antiretrovirale Therapie (ART) kann möglicherweise die Langzeitprognose entscheidend verbessern.


Leistungsfähigkeit und Grenzen der serologischen Testverfahren
Ein negativer Suchtest schließt eine HIV-Infektion aus, sofern kein Verdacht auf eine Akutinfektion besteht. Durch die Einbeziehung des p24-Ag in die Teste der 4. Generation können Akutinfektionen in der Regel bereits nach 2-4 Wochen diagnostiziert werden. Dennoch kann in Ausnahmefällen das Zeitfenster bis zur Serokonversion 3 Monate betragen.
Bei Neugeborenen gilt ein positives Ergebnis nicht als Nachweis einer HIV-Infektion, da mütterliche Leihantikörper bis zu 18 Monate im Serum des Kindes nachgewiesen werden können. In diesem Fall empfiehlt sich der Nachweis virusspezifischer Nukleinsäure mit einem Amplifikationsverfahren (s. u.).

2) Verlaufs- und Therapiekontrolle
HIV 1-RNA-PCR

Die HIV-Viruslast im Plasma ist das wichtigste Instrument zur Therapieüberwachung. Nach Therapiebeginn sollte die Viruslast innerhalb der ersten 4 Wochen auf ein Hundertstel und nach 3-4 Monaten unter die Nachweisgrenze absinken, bei sehr hoher Plasmavirämie spätestens nach 6 Monaten. Darüber hinaus eignet sich die HIV-PCR zur Diagnostik von Akutinfektionen und intrauterin oder peripartal erworbener Infektionen sowie zur Abklärung unklarer serologischer Befunde. Falsch negative Befunde der HIV 1-RNA-PCR können bei Infektionen mit HIV 1, Gruppe N, auftreten; eine Infektion mit HIV 2 wird mit Routineverfahren ebenfalls nicht erfasst.

  • Testfrequenz: bei Diagnosestellung, anschließend alle 2-3 Monate, bei Therapieeinleitung und -umstellung evtl. kurzfristiger. Intermittierend nachweisbare geringe Anstiege der Viruslast (bis ca. 200 Kopien/ml, sog. „Blips“), kurzfristig (~ 2Wo.) kontrollieren (Cave Resistenzentwicklung!)


Absolutzahl der CD4 (THelfer)-Lymphozyten
Der langsame Abfall der Zahl der CD4 (THelfer)-Lymphozyten ist die wesentliche Ursache für das zunehmende zelluläre Immundefizit im Verlaufe einer HIV-Infektion. Je geringer die Zahl der CD4-Zellen, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten AIDS-definierender opportunistischer Infektionen und Tumore. Bei CD4-Zellzahlen < 350/μl soll - unabhängig von anderen Faktoren - immer eine Therapie erfolgen. Der Therapieerfolg spiegelt sich abhängig von Alter und Begleiterkrankungen in einem variablen Anstieg der CD4+-Zellzahl wieder. Unter ART beobachtet man im Mittel einen Anstieg der CD4-Lymphozyten um ca. 150/μl im ersten Jahr bei vorher unbehandelten Patienten. Das immunologische Therapieversagen (=fehlender Anstieg oder Absinken der CD4-Lymphozyten) folgt in der Regel verzögert dem virologischen Therapieversagen. Ein signifikanter Abfall der CD4-Lymphozyten bei supprimierter HIV-Viruslast kann auf komplizierende Erkrankungen hindeuten (z.B. Leberzirrhose, Tuberkulose, maligne Lymphome).

  • Testfrequenz: alle 2-3 Monate parallel zur Kontrolle der Viruslast und bei jeder wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes

HIV-Resistenztestung
Nachweis von Mutationen im HIV 1-Genom, die mit einer Resistenz gegen einzelne Virostatika oder Virostatikagruppen (nukleosidische und nichtnukleosidische Inhibitoren der Reversen Trankriptase, Protease-, Integrase- und Fusionsinhibitoren) assoziiert sind. Vor einer Therapie mit Maraviroc (Celsentri®) muss ein Tropismus-Test durchgeführt werden, da das Medikament ausschließlich bei CCR5-tropen HIV 1-Viren nicht jedoch bei CXCR4-tropen Viren wirksam ist. Die Resistenztestung sollte immer im Zusammenhang mit einer Viruslastbestimmung erfolgen. Bei einer HIV-Viruslast < 200 Kopien/ml ist die Untersuchung nicht, bei einer Viruslast < 1000 Kopien/ml ggf. aus technischen Gründen nur eingeschränkt durchführbar (Ausnahme: Tropismus-Test). Resistenztestung immer unter laufender ART durchführen, da nach Therapieabbruch oder in Therapiepausen der fehlende Selektionsdruck die Akkumulation von Wildtyp-Revertanten begünstigt. Eine bereits erfolgte Resistenzentwicklung wird dadurch verschleiert.

  • Indikation: bei primärem oder sekundärem Therapieversagen und vor Umstellung der Therapie. Bei Therapie-naiven Patienten sollte die Suche nach Resistenzmutationen im Reverse-Transkriptase-Gen und im Protease-Gen vor Beginn der antiviralen Therapie erfolgen.
Material:
Suchtest 1 ml Serum oder 3 ml EDTA-Blut
HIV 1-RNA-PCR, CD4-Lymphozyten: 2x 3 ml EDTA-Blut (bitte separate Probenröhrchen abnehmen)
HIV-Resistenztestung: 2x 3 ml EDTA-Blut (mit Angaben zur aktuellen ART und Therapieanamnese)


Lit.: Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion, Version 2012